„Unlustig, plump, unintelligent“ lautet die Bewertung durch die linke rosa Zeitgeistgazette — wenn dort eine cineastische Produktion verrissen wird, es bestätigt sich so häufig, daß man fast schon von fester Regel ausgehen kann, dann muß sie gut sein. Witzig, subtil, gescheit ist hingegen unser Urteil. „Kalte Füße“ ist eine Deutsch-Österreichische Komposition aus dem Jahr 2018 und durchaus sehenswert, wenn auch vielleicht nicht gerade für 12jährige Kinder, denen laut Filmspieltheatern schon der Zutritt gestattet ist. München ist erstaunlich häßlich geworden, wie man an den Luftbildaufnahmen zu Beginn feststellt; was halt so mit Städten geschieht, wenn moderne „Architektur“ um sich greift. In einem jener tristen Neubauviertel, die kaum unterscheidbar in irgendeiner anderen europäischen Großstadt auch stehen könnten, versucht ein junger Mann mit unsicheren moralischen Grundsätzen, einer der drei Hauptdarsteller, dringlich zu Geld zu kommen. Er hat sich, aus sehr einfachen Verhältnissen stammend, mit „Geschäftsleuten“ eingelassen, jenen, die gegen sehr hohe Zinsen borgen, um dann mit entsprechender Konsequenz wieder einzutreiben, woraus sich interessante wenn auch wenig erfreuliche Abhängigkeiten ergeben. Nachdem er eine Kiste voll gestohlener Handtelephone nicht mehr einschlägig verwerten kann und überdies sein Versuch mißlingt, sich den „Geschäftspartnern“ durch rasche Flucht über die Dächer zu entziehen, ist er mit der Anmutung konfrontiert, in eine in abseitigem Tal gelegene Villa einbrechen zu müssen. „Geld, Gold, Bilder — nimm die häßlichen, die sind am meisten wert.“ Der Bewohner, ein vermögender alter Großwildjäger, Weltreisender und Bergsteiger, zweiter Hauptdarsteller, ist durch einen Schlaganfall außer Gefecht gesetzt; halbseitige Lähmung und Verlust der Sprache. Seine liebe, anständige und naive Enkelin, Hauptdarsteller drei, welche von der bobo-intellektuellen Mutter seit 10 Jahren vom Großvater ferngehalten wurde, verwechselt, soeben im großväterlichen Ansitz ankommend, den jugendlichen Einbrecher mit dem bestellten aber noch nicht eingetroffenen Behindertenbetreuer. Der Streifen variiert reizvoll bewährte Themen der Theater- und Filmgeschichte — Verwechslung, Gaunerkomödie, zeitlos schöne Erzählung beginnender Liebe, oft mit Schwierigkeiten verbundene intensivere Begegnung von Unterschicht mit Upper Class. Erwartungsgemäß einsetzendes turbulentes Geschehen bleibt dennoch (der alte Herr im Rollstuhl ist noch überraschend rüstig und immer noch ein passionierter Schütze) originell und ungeachtet ein paar ein wenig gewagter Szenen auf gutem Niveau. Die Regie entfaltet durchaus Raffinesse. Der aus Kontrastgründen reichlich zur Anwendung kommende heutige Proleten-Sprech sollte den kultivierten Zuseher nicht davon ablenken, daß sehr gekonnt wertvolle Haltungen vermittelt werden (ein Hauptgrund für schlechte Zensuren durch nihilistischen Journalismus): der ältere Bruder steht zu seinen kleinen Geschwistern; die Enkelin steht zum Großvater; Familie sollte zusammenhalten und sich nicht zerstreiten; der junge Mann springt in die Bresche, wenn die junge Frau in Bedrängnis gerät; Mut ist wichtig im Leben. Ein Zusatzgewinn ist die Ansicht des Herrenhauses und seines wunderbaren Interieurs; very old fashioned; „schöner Wohnen“ ist die Botschaft. Ästhetisch ansprechend, ist der Film überdies in allen Rollen ausgezeichnet gespielt. Wirklich feine Unterhaltung.
Es ist der britische Universitätsprofessor und traditionsorientierte Katholik John-Ronald-Reuel Tolkien gewesen, von dem zwei der erfolgreichsten Bücher des 20. Jahrhunderts geschrieben worden sind, Bücher, welche die Phantasie von Millionen Lesern inspiriert haben. „Der Hobbit“, 1937 als Märchen für Kinder, und „Der Herr der Ringe“, 1954 und 1955 als Romantrilogie herausgekommen, dürfen zur Weltliteratur gezählt werde, ganz abgesehen vom Umstand, daß sie sich als globale Bestseller erwiesen haben. Das zunächst besonders Reizvolle, wenngleich heute nicht mehr so Ungewöhnliche an beiden, thematisch auch zusammenhängenden Werken ist, daß die Geschichten, die sie erzählen, von einer ferner Zeit und einer anderen Welt handeln. „Fantasy“ sagt man heutzutage dazu. Das „Auenland“ ist eine der Gegenden jener anderen Welt; ein Bild Tolkiens von all dem, was er am guten alten England geliebt hat. Die Bewohner des Auenlandes sind die titelgebenden „Hobbits“. Einer von ihnen, eben „der Hobbit“ (in der deutschen Übersetzung des englischen Originals lautet sein Name Bilbo Beutlin), wird vom Zauberer Gandalf zu einem schier unglaublichen Abenteuer überredet; es ist der Inhalt des einen und der Ausgangspunkt für das andere Buch. Von 2001 ab bis zu der zuletzt heuer herausgekommenen verlängerten Fassung haben wir, aufgeteilt auf sechs Folgen, nach und nach die grandiosen Verfilmungen dieses Stoffes präsentiert bekommen; zuerst in drei Teilen jene des „Herrn der Ringe“, seit 2012 die weiteren von „Der Hobbit“. Regisseur der ebenso aufwendig-prachtvollen wie geschickten Bearbeitungen ist der Neuseeländer Peter Jackson, der die anspruchsvollen literarischen Vorgaben außerordentlich gekonnt ins Optische transformiert und durch die Verdeutlichung der Zusammenhänge beider Erzählungen ein monumentales Film-Gesamtkunstwerk geschaffen hat. Ab und zu eingestreute kleine Momente „politischer Korrektheit“ hätte er sich freilich sparen können. Die enorme Bedeutung Tolkiens liegt ja nicht zuletzt im Umstand, daß er sich konsequent gegen die Blödheit der Moderne gestellt hat; daß er in einer Zeit, die immer mehr von plattestem Materialismus geprägt ist, Begriffe wie „edel“ und „gemein“ und „gut“ und „böse“ in Erinnerung ruft; daß er den Sinn von Opfer und Tugend verständlich macht; daß er einer Welt, die sich der allgemeinen Verhäßlichung preisgibt, Schönheit entgegenstellt. Tolkien spricht zu uns im Grunde von der ewigen Heimstatt, vom Paradies, das wir verloren haben und das doch unsere stete Sehnsucht bleibt; einen Abglanz davon finden wir in seinen Büchern. Und das ist wesentlicher Hintergrund des Erfolges — der Literatur Tolkiens wie auch der zugehörigen Filme.
Eine ähnliche Atmosphäre hat Graham Greene in seiner ebenfalls verfilmten Spionageparodie „Unser Mann in Havanna“ hervorgerufen. Auch hier das Exotische heißer Länder in fernen Erdteilen, Verschwörungen, Verstrickungen und der reine Tor inmitten einer nicht immer wohlwollenden Welt. Der Fernsehfilm von 1986 ist eine gelungene Bearbeitung eines gleichnamigen und zu Unrecht weniger bekannten Romans des englischen Katholiken, Historikers und Kunsthistorikers, Journalisten und Schriftstellers Evelyn Waugh (1903-1966), der durch „Wiedersehen mit Brideshead“ weltberühmt wurde. „Scoop“, in der deutschen Fassung „Sensationsnachricht“, wurde schon 1938 veröffentlicht. Die Hauptperson ist sozusagen Gelegenheitskolumnist und schreibt gerne beschauliche Schilderungen des Lebens in der Natur und in der Provinz für Zeitungen wie „Heute Alles“ oder „Täglich knallt es“, kurze Texte für hintere Seiten, ein junger Mann aus einer ebenso stilvoll wie unaufhaltsam verarmenden und vertrottelnden Familie der englischen Gentry. Durch eine aufgrund gleichen Nachnamens stattfindende Verwechslung mit einem entfernt verwandten Salonlöwen, der sich durch die Intervention einer einflußreichen Freundin einen lukrativen Posten mit Reisemöglichkeit sichern möchte, gerät unser Held unversehens als mit Spitzensalär frisch angeheuerter Auslandsberichterstatter der Massengazette „Daily Beast“ (Bestie aktuell) in einen der Krisenherde des an sich noch kolonial regierten Afrikas. Fast ganz Afrika ist europäisch beherrscht; nur Ishmaelia ist eine Ausnahme, da gänzlich ohne Rohstoffe oder irgendetwas Sonstiges von Brauchbarkeit. Daher haben die Mächte dort eine republik installiert und die USA einen an sich willfährigen Schwarzen namens Jackson als Präsidenten derselben. Nun aber ist ein fragwürdiger Geologe mit möglicherweise wertvollen Gesteinsproben auffällig geworden, und rasch entbrennt internationales Interesse. Zum eventuell bald ausbrechenden Bürgerkrieg, hinter dem man diverse ausländische Begehrlichkeiten erahnen könnte, sind die Pressevertreter aus aller Herren Länder bereits angereist und erwarten in der Hauptstadt Jacksonville beutegierig die neuesten Meldungen. Doch der Korrespondent des Progressiv-Blattes „The Brute“ (Das viehische Scheusal – Standard für Fortgeschrittene) steht in Kollaboration mit dem schon den Putsch inszenierenden ebenfalls schwarzen (beziehungsweise roten) Vizepräsidenten und seinen Bolschewiken. Er lanciert eine Fehlinformation, durch welche all der neugierige konkurrierende Journalismus von der Hauptstadt weg und weit hinaus in die Wüste dirigiert wird — bis auf unseren jungen Helden. Dieser bleibt, gewissermaßen aus Versehen und auch, weil er, trotz seiner Naivität, als Brite von altem Schlag nicht einschüchterbar ist. Dadurch aber und eigentlich unabsichtlich trägt er schließlich zum Scheitern der schon angelaufenen volksdemokratischen Machtübernahme bei und wird gleichzeitig zum Star-Reporter. Eine gerade in unseren Tagen zu aufschlußreichen Vergleichen inspirierende Satire auf die Welt der Medien in Verquickung mit dem üblen Theater globaler politischer Auseinandersetzungen.
Der finstere Film: Schon der alte Brenner-Bauer hat die Leute in seinem abgeschiedenen Tiroler Hochtal geknechtet und tyrannisiert; und seine sechs üblen Söhne sind, da er nun bettlägrig geworden, stets gewaltbereit in seine Fußstapfen getreten. Besonders gern pflegt der Brenner-Clan das jus primae noctis, wenn im Tal ein hübsches Mädchen heranwächst oder der Hunger eines von außen hereinbringt. Und dann kommt, so um 1875 herum, ein Amerikaner vorbei; sozusagen auf genealogischer Spurensuche; er bringt eine dieser stilvollen alten Plattenkameras mit, und eines dieser neuen amerikanischen Gewehre. Oh ja, der Film ist gut gemacht; markante Gesichter, überzeugendes Schauspiel, authentische Tiroler Mundart, eine großartige Landschaft, eine spannende Geschichte und eine überraschende Schlußpointe. Gut gemachte Niedertracht. Denn wir haben, in Zeiten wie diesen selbstverständlich, zugleich ein antiklerikales Machwerk vor uns. Ein Österreichischer Regisseur (bestimmt sehr gefördert; ein Könner immerhin und wirklich originell), greift den Wilden Westen auf und transponiert ihn ins Alpenländische, stilgeschichtlich sozusagen auf den Spuren der Literatur-Variationen Kurosawas und vice versa der durch ihn inspirierten Western-Bearbeitungen. Die ideologisch induzierte Greuelszene ist freilich auch die dramaturgische Schwachstelle: daß ein opponierender Bauernbursch, der seine Braut vor den Nachstellungen des Großbauern in Sicherheit bringen will, zum Zwecke der Disziplinierung öffentlich gekreuzigt wird, ist, gerade im ausgesprochen frommen Tirol des 19. Jahrhunderts, völlig ausgeschlossen. Derlei gibt es im kommunistischen Spanien des Bürgerkrieges und im linksgewendeten Mexiko nach Kaiser Maximilian. Und das mag im liberal angekränkelten und architektonisch verhäßlichten Tirol der Gegenwart filmisch vielleicht durchgehen; aber gewiß nicht zu Zeiten Franz-Josephs vor 130 Jahren als Originalblasphemie. Weder die Bauern noch gar der Klerus hätten das hingenommen; 1809 ist der Beweis. Daß der bei solchen Lustbarkeiten eifrig kollaborierende Ortspfarrer, der überdies obszön-lästerlich diverse „feudalherrliche“ Vergewaltigungen mit dem Vorbild des Heiligen Geistes rechtfertigt, dann dafür im Beichtstuhl hingerichtet werden darf, überhöht sozusagen das antichristliche Propagandaerzeugnis. (Kratzt man ein bißchen am Lack des modernen „Kultur“-Business, kommen Bolschewismus und Nihilismus zum Vorschein). Die Grundbotschaft: Moderne (naht sich aus Amerika) ist gut und obsiegt; Tradition und Religion (heimatlicher Provinzialismus) sind schlecht und werden erschossen. Daher ist das alles auch ein medial sehr gewürdigter und beworbener Streifen (2013 fertiggestellt). Gut gemacht, wie gesagt — leider. Wenn wir einmal viel Geld haben, drehen wir auch solche Filme. Ein korrupt-verbrecherischer Kreis linker Journalisten und Kulturschaffender beispielsweise wird, einer um den anderen, ganz grauenvoll, aber mit Finesse und ästhetisch durchkomponiert, zu Tode gebracht; Vendetta eines stilbewußten Modernisierungsverlierers mit Bildungshintergrund; als wegweisendes Filmkunstwerk im Grunde schon vorliegend, aber da ließe sich noch einiges ausarbeiten. Oder: ein ebenso internationaler wie feister führender Finanz- und EU-Funktionär (Ähnlichkeit mit tatsächlich existierenden Persönlichkeiten rein zufällig) lebt, vom System gut geschützt, ausgiebig seinen perversen Leidenschaften, bis ihn ein heroischer Fundamentalist, der die Handanlegung an die kleinen Kinder seiner Schwester nicht goutiert hat, nachhaltig zur Rechenschaft zieht; Ort der Handlung ist da dann naheliegenderweise keine Tiroler Almeinsamkeit, sondern Brüssel und Neu York. Oder: in einem abgeschiedenen Luxusdomizil treffen sich einmal im Jahr mittlerweile satt etablierte Rotspanien-Interbrigadisten zur im Gedenken an linke Untaten ihrer Jugendtage abgehaltenen Orgie; doch diesmal geht etwas ganz furchtbar schief, denn ein alter couragierter Franco-Kämpfer hat ihre Spur aufgenommen ... . Filmförderungen gibt es für diese unsere cineastischen Projekte vorderhand noch nicht, aber auf Anfrage arbeiten wir gerne die entsprechenden Drehbücher aus.
Eine alte Frau zahlt im Supermarkt und bemerkt, daß das Stück Butter wieder teurer geworden ist; hinter ihr, ungeduldig, ein junger Neger. Als sie über die Straße zurück nach Hause kommt, wartet schon die Polizei auf sie. „Sind die hier, um mir die Iren vom Hals zu halten oder mich hier herinnen“, merkt sie dazu an. Die alte Frau, aus unserer Gegenwart heraus betrachtet ein Pflegefall, der nicht mehr allein auf die Straße gehen sollte, hatte 25 Jahre zuvor Britannien regiert und dies auf eine Weise, die ihr das ehrende Epitheton „eisern“ einbrachte. „The Iron Lady“ war zunächst die nicht unrespektvolle Bezeichnung der Russen für die konservative englische Premierministerin; ein Beiname, der schließlich weltweit Verwendung finden sollte. Und so ist er auch der Titel jenes ausgezeichneten britisch-französischen biographischen Spielfilms, mit dem 2011 ihr Leben nachgezeichnet wurde — Margaret Thatcher, 1925 geboren, seit 1959 Abgeordnete im Britischen Unterhaus, 1970-1974 Ministerin für Erziehung und Wissenschaft, 1975-1979 Oppositionsführerin und von 1979-1990 als erste Frau in der Britischen Geschichte Erster Minister der Regierung ihrer Majestät. Mit Johannes-Paul II. und dem US-Präsidenten Ronald Reagan zählte sie zu den bemerkenswertesten geschichtlich wirksamen Gestalten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts; in Europa war sie neben dem Papst die herausragendste politische Persönlichkeit ihrer Regierungszeit. Die schlechten Kritiken, die dem Film gewidmet wurden, deuten auf die bis heute nachhaltige Wirkung ihrer Maßnahmen, und auch wenn uns von diesen Maßnahmen nicht immer uneingeschränkt alles gefallen hat — sie befreite immerhin ihr Land aus den Fängen ultraroter terroristischer Gewerkschaften; sie sanierte den Staatshaushalt des Königreiches; sie stärkte das Oberhaus; sie erinnerte im Falklandkrieg daran, daß England immer noch eine Macht ist; sie verdeutlichte, daß der Zweck des Staates im Dienst an und nicht in der Gängelung von seinen Bürgern liegt. All das und speziell den letzten Punkt haben ihr die „Fortschrittlichen“ nie vergeben — was ihr aber immer gleichgültig gewesen sein dürfte. Und sie stand, notabene in politisch schwierigen Zeiten, für ein Europa selbstbewußter und unabhängiger Menschen, die sich nicht von linken Wahnideen verführen und durch deren Anhänger einschüchtern lassen. Sie hielt, gegen die Mehrheit übrigens des eigenen Kabinetts, England aus dem Europäischen Währungssystem; wie vorausschauend und segensreich für ihr Land das war, wissen wir jetzt nur zu genau. Was wir mittlerweile ebenfalls genau wissen ist, daß die demokratisch-liberalen Systeme eine völlige Negativauslese an die Staatsführung bringen; lediglich die ersten 25 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg war das noch anders, als wir in Europa noch wirkliche Führungspersönlichkeiten Katholischer Prägung erlebten, die ihre Wurzeln in der Welt vor dem Ersten Weltkrieg hatten. Thatcher war eine der grandiosen Ausnahmen von dieser Regel, nicht wegen sondern trotz des Systems zur Regierung gelangt, was in England vielleicht auch noch leichter möglich ist, als anderswo. Der Film zeigt, soweit wir sehen historisch detailgenau, die Härten der Politik wie die Größe ihres Charakters; zugleich ist er eine einfühlsame und nicht unhumorige Darstellung des hohen Alters, des langsamen Abschiednehmens, der rasch vergehenden letzten Jahre des Erinnerns, der Einsamkeit. Heuer, im April 2013, hat sie der Liebe Gott nun abberufen; wir haben sie sehr gemocht und wir trauern mit jenem England, das ihr zugetan war. „Darf man Margaret Thatcher mögen?“ fragt ein recht gescheiter Mann in einem Artikel eines Wiener Blattes, und gibt dort auch die Antwort: „Ich denke: Ja. Immerhin hat sie mitgeholfen, etwas mir sehr Kostbares zu erhalten — meine persönliche Freiheit.“
An der Jahreswende 2012 auf 2013 erheiterte und berührte uns „Life of Pi“, die bezaubernde und vom Koreaner Ang Lee (Regisseur qualitativ sehr unterschiedlicher Produktionen) feinsinnig in Bilder gesetzte Geschichte eines indischen Burschen, der, nach einem französischen Schwimmbad benannt, eine glückliche Kindheit in einem Tiergarten in Pondichéry, Französisch Indien, verbringt. Der Vater, ein Vertreter des neuen Indien, ist geschickter Geschäftsmann, strenges Familienoberhaupt und moderner Mensch, daher auch Rationalist und eher agnostisch orientiert. Die Mutter, der Brahmanenkaste entstammend, wähnt zunächst ebenfalls, eine Vertreterin des neuen Indien zu sein. Bis sie von ihren Eltern wegen unstandesgemäßer Heirat verstoßen wird. Dem Vater scheint Religion „Dunkelheit“ zu sein, der Mutter hingegen wird sie Trost. Und die Religion wird auch zur großen Leidenschaft des kleinen Pi, dem sich alsbald Gott sowohl in traditionell-hinduistischer Weise, dann, sehr nachdrücklich, Katholisch, und schließlich auch in islamischer Fassung vorstellt. Ein ökumenischer Film sozusagen, der dennoch sehr einprägsam verdeutlicht, daß Ökumene nicht Selbstaufgabe der Kirche meint, wie das heutzutage moderne „Theologen“, genau die, welche die Soutane ausgezogen haben, so eifrig propagieren. Und auch Rationalismus und vom Vater geerbte Intelligenz erweisen ihren Wert, womit der in der Schule ob seines Namens in rüder Weise Gehänselte zu ebenso origineller wie anspruchsvoller Gegenwehr ausholt, deren wesentlichstes Instrument die Ziffernfolge 3,14159 ist. Als schließlich, mit der tatsächlichen Durchsetzung von Entkolonialisierung und Moderne, die öffentliche Hand das kleine Tiergartenparadies in den Ruin manövriert, ist unser Heranwachsender gerade frisch verliebt. Der Vater hingegen beschließt, zusammen mit Familie und dem tierischen Restbestand des nunmehr liquidierten Zoos, per Frachter nach Französisch Kanada zu emigrieren. Der seinerseits soeben vor heimisch-französischem Steuerterror nach Rußland emigrierte Gérard Depardieu beglückt unterwegs in kleiner und überaus amüsanter Nebenrolle. In üblem Sturm Schiffbruch erleidend, findet sich unser Jugendlicher zusammen mit angeschlagenem Zebra als vermeintlich einzig Überlebende im Rettungsboot auf dem Pazifik, muß aber bald feststellen, daß sie nicht so alleine sind, wie er angenommen hat. Lebensraum und Vorräte sind letztlich mit Mr. Parker zu teilen, dem bengalischen Tiger des Zoos, der die Reise bis an ihr Ende mitzumachen beabsichtigt. Eine denkbar abwechslungsreiche und in erhebende Meeres- und Himmelsansichten gerahmte Fahrt führt über die Zwischenstation einer nächtliches Eigenleben entfaltenden schwimmenden Insel zurück zur schon vergessenen Gotteserkenntnis der Kindertage. Theologisch wie ästhetisch überzeugend. Sehenswert.
In Tagen wie diesen, da die Politik auf allgemeine Kosten das Schmierentheater von „Reform und Sparpaket“ aufführt (das tatsächliche Spiel von der Unfähigkeit, der Korruption und der Gaunerei), da gibt es immerhin doch eine erfreulich dichte Folge wirklich amüsanter filmischer Darbietungen. Und aus diesem bunten Reigen kinematographischer Köstlichkeiten wollen wir diesmal das zu Jahresanfang 2012 gegebene „Spiel im Schatten“ („A Game of Shadows“) empfehlen. Da entfaltet sich gewissermaßen feuerwerksartig eine geistreiche Variation der Abenteuer des Sherlock Holmes, der für solche Bearbeitungen prädestinierten weltberühmten literarischen Detektivgestalt des Sir Arthur-Conan Doyle (1859–1930). Wie dankbar müssen wir hier alle, die wir das Kriminalstück lieben, den Engländern sein, und insonderheit Sir Arthur, der das Genre sozusagen begründet hat. Und Dankbarkeit ist auch gegenüber dem Britischen Regisseur Guy Ritchie angebracht, der in nunmehr zweiter Folge an diese sehr authentische und doch verblüffend andersartige Neuinterpretation des viktorianischen Originals herangegangen ist, die schriftstellerische Vorlage dabei großzügig, aber stilsicher handhabend. (2009, erster Teil: „Sherlock Holmes“). London, Baker Street 221 B, ist der klassische Ausgangspunkt zahlreicher Aventiuren und so auch diesmal, da der frischverlobte Dr. Watson seinen alten Freund Holmes aufsucht, der gerade mit exzentrischen Experimenten zugange ist. Der cineastisch zumeist arg vernachlässigten Mrs. Hudson (der Vermieterin) ist da ein wunderbar charaktervoller Auftritt gewidmet. Und dann beginnt auch schon die atemberaubende Jagd auf Professor Moriarty, den Meister der Verbrechen. Während der Fahrt nach Paris wirft Holmes des Dr. Watson frisch angetrautes Eheweib aus der fahrenden Eisenbahn; dieser, begreiflicherweise höchst empört, erhält zur Antwort, daß alles geplant sei und er sich nicht aufregen solle — reizvolle Wortwechsel würzen wildwesthaftes Geschehen. Der Urheber dessen, Moriarty, der außerordentliche Mathematiker und Astronom, hat sich neben seiner brillanten Universitätskarriere in Oxford und dem Arrangieren spektakulärer und umfassender Geldbeschaffung dienender Gewaltakte (solche, die noch auf polizeilicher Ebene abgehandelt werden), längst schon in die höchsten Sphären der Finanzspekulation, der Schwerindustrie und der Politik begeben (Untaten, die nicht mehr polizeilichem Zugriff unterliegen). (Erinnert uns das an unsere Gegenwart und die Hintergründe derzeitiger europäischer „Finanzkrise“)? Und er hat nichts Geringeres im Sinn, als den Ersten Weltkrieg auszulösen (wie es Moriartys Brüdern im Geiste im damaligen Europa dann ja auch tatsächlich gelungen ist). Den US-Produzenten „Warner Brothers“ mögen die Anflüge von „political correctness“ geschuldet sein, das dramaturgisch gekonnte Auftreten des häßlichen Deutschen etwa (wobei man zugeben muß, daß für die Rolle des Rüstungskonzerns mit düsterer Wachmannschaft das Deutsche einfach die ideale Besetzung ist, wesentlich überzeugender als etwa französische Rüstungskonzerne) oder das (überaus dekorative) Agieren einer Zigeunerin in weiblicher Hauptrolle. Ein geplantes Attentat führt uns schließlich zu einer mitreißenden finalen Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse auf dem Söller von Burg Reichenbach, hoch über den bekannten Wasserfällen. Ein fulminanter Schlußakkord — leider nicht für die Gegenwart gültig; Moriartys Epigonen, durchaus nicht so stilvoll wie er, freilich aber genauso böse, agieren (wesentlich ungestörter) auch heute, wie wir wissen. Mögen uns die Nöte der Zeit daher auch einen neuen Holmes hervorbringen.
Er entspricht weitreichend dem „Bischofsbild“, welches die Gegenwart so dringend benötigt und so schmerzlich vermißt: Armand-Jean du Plessis Kardinal Herzog von Richelieu (1585–1642, inkognito hier unter dem Namen Christoph Waltz), genialer Staatsmann, erster Minister von Frankreich und wahrer Regent seines Landes, das er couragiert, gegen massive Widerstände und mit eiserner Faust, zur Größe führt. Überdies steht hier der Kardinal, wir befinden uns ja auch in Alexandre Dumas (1802–1870) wundervoll verfilmtem historischem Roman „Die drei Musketiere“, als Urbild des Bösewichts von dämonischer Geistesstärke vor uns und als Initiator brillanter Intrigen von globalem Format, dem zur Erreichung seiner hohen Ziele alle Mittel recht sind. So etwa die berückend schöne wie gleichermaßen gefährliche Lady de Winter (Mylady), deren erstes Erscheinen dessenungeachtet dem ebenso jungen wie adretten und vor allem unbesonnenen d´Artagnan das Leben rettet, dessen stürmisches Agieren später wiederum des Kirchenfürsten subtile Pläne (zer)stören wird. Die vorliegende cineastische Bearbeitung des Romans darf in jeder Hinsicht als gelungen bezeichnet werden (Mantel&Degen in ungeahnter Dimension), ob dies den auf einer in Stein gesetzten Landkarte Europas schachspielenden Richelieu betrifft oder die vier beständig in atemberaubende Fechtszenen verwickelten Freunde (3Musketiere + den Neuling aus der Gascogne; alle für einen und einer für alle; wo wir besonders des fromm den Rosenkranz und behende die Klinge führenden Aramis gedenken wollen), ob es die ausgesprochen originelle Dialogführung ist oder der bis dato unbekannte Einsatz der nach Geheimplänen Leonardo da Vincis gebauten Luftschiffe. Die Aufnahmen zahlreicher diverser Schlösser und Schloßparks, vorzugsweise aus Bayern stammend, sind bemerkenswert. Und die Kostüme der Zeit, mit welchen die Mode der Gegenwart so gar nicht zu konkurrieren vermag, sind großartig; jene von König Ludwig XIII. und des Herzogs von Buckingham übertreffen alle Erwartungen und der Kardinalspurpur ist immer elegant, besonders in Kombination mit einem Brustharnisch. Der überraschende Beleg für die Dauerhaftigkeit gotischer Architektur gegenüber den Konstrukten moderner Technik ist als mutige Fortschrittskritik zu werten. Ein farbenfroh-heiteres, sehr barockes und mitunter sogar sacht politisch-widerständiges Spectaculum (daher ebenso bezeichnender- wie unverdienterweise auch schlechte Kritiken), das man gerne auch ein zweites und drittes und mehrfaches mal ansehen wird. Eine Produktion von „Constantin Film“. Meisterliche Regie: der Brite Paul-William-Scott Anderson. 2010 komponiert.
T. H. u. A. P.
„Der Adler der IX. Legion“ ist eine aus dem Jahr 2010 stammende Verfilmung des gleichnamigen und äußerst erfolgreichen historischen Romans der Engländerin Rosemary Sutcliff von 1954, der das nicht ganz geklärte Schicksal einer der Kaiserlichen Römischen Legionen zur Grundlage hat. Die Quellen zur mittleren antiken Kaiserzeit sind relativ dürftig — große Lücken im auf uns gekommenen Erbe der alten Bibliotheken lassen vieles aus diesen Jahren im Dunkeln. Die Legio IX Hispana wird unter Kaiser Claudius zur Invasion Britanniens entsandt und ist dann lange daselbst stationiert. Das Ende historischer Überlieferung über sie, anscheinend zeitgleich zu überaus schweren Kämpfen mit britannischen und schottischen Stämmen aus den Jahren der Herrschaft von Kaiser Hadrian, hat zur Vermutung geführt, daß die Legion dabei aufgerieben worden sein könnte. Sie zieht, so stellen es Roman und Film dar, von Eburacum (York) aus in den Norden, verschwindet in den schottischen Nebeln und taucht nie wieder auf. Neuere Funde kann man dahingehend interpretieren, daß zumindest Teile später in Germania inferior wieder Dienst tun beziehungsweise die Spanische Legion dort (wie der Film andeutet) neu aufgestellt worden sein mag. Möglicherweise endet ihre Geschichte dann im Osten des Imperiums, etwa im schweren jüdischen Aufstand, den Hadrian niederschlägt. Der Film nun hat etliche Schwächen: die meisten Charaktere sind etwas einfach gezeichnet; einige Szenen sind fern jeder Wahrscheinlichkeit und reichlich an den Haaren herbeigezogen; andere kippen in den Kitsch; ein souverän gestaltetes Drehbuch vermeidet überdies die Vorblendung erklärender Texte und verdeutlicht den Zeitrahmen, in dem das Schauspiel stattfindet, durch die Handlung selbst. Freilich sehen wir auch wirklich schöne Bilder und ein Kampfgeschehen, das offensichtlich gut recherchiert wurde und weitreichend an die historischen Gegebenheiten herankommen dürfte. Donald Sutherland ist als das Landleben genießender pensionierter Offizier recht überzeugend. Und Schottland bleibt romantisch, selbst wenn es von blutrünstigen Wilden bewohnt ist. Die Suche nach dem verlorenen Adler, dem Feldzeichen der Legion, ist so spannend wie im Roman. Und auch wenn man mit mehr Mühe beim Drehbuch aus der ganzen Sache ein cineastisches Meisterwerk hätte machen können, was leider nicht der Fall ist — der Streifen ist wertvoll durch die Thematisierung von Tugenden, die im heutigen Europa weitreichend abhandenkommen sind — Ehre, Freundschaft, Tapferkeit, Treue, Opfermut, Beständigkeit. Und man erahnt etwas von der Größe Roms wie auch vom Freiheitsdrang jener, die sich dagegen aufgelehnt haben. Und beides sind Gegenbilder zu einer immer dürftiger und fragwürdiger werdenden Gegenwart.
Und abermals ein cineastisches Meisterwerk nach der Vorlage einer der Mordgeschichten der Grande Dame des Kriminalromans, Agatha Christie (1890–1976); diesmal eine spätere Bearbeitung eines ihrer Bücher, mit dem großartigen und vielseitigen (leider etwas liberalen) Peter Ustinov (1921–2004) als genial-spleenigen Hercule Poirot, und Schauspielgrößen wie Bette Davis und David Niven, begnadet in Nebenrollen. Der Titel des Filmklassikers ist „Der Tod auf dem Nil“ („Death on the Nile“) — eine atmosphärisch dichte und ästhetisch überzeugende noble Flußschiffreise durch das Britische Ägypten der 1920/1930er Jahre, als das bald untergehende Empire noch einen letzten kolonialen Glanz zu entfalten vermag. Dieses Ägypten hat die Autorin, sehr die reisefreudige und archäologiebegeisterte Britin ihrer Tage, ja noch selbst gesehen; und die Eindrücke ihrer zahlreichen Orientaufenthalte und ihrer altertumskundlichen Tätigkeiten haben bekanntlich immer wieder ihre Literatur inspiriert. So auch hier, als ein schwerer Steinblock gekonnt ins Bild gesetzt wird, der, mit üblem Vorsatz von der Deckenkonstruktion der Tempelanlage zu Karnak gelöst, fast die attraktive junge und vor allem überaus reiche amerikanische Erbin erschlägt. War es der sektiererisch-fanatische Kommunist? Ein Anschlag, dem weiteres Ungemach folgen wird, denn die Erbin hat viele Feinde, wie sich bald herausstellt. Nur durch seine außergewöhnliche Kombinationsgabe vermag Poirot (kein Mann der Mitte, vielmehr einer der Spitze), den auch eine Giftschlange in seiner Kabine nicht aufhalten kann, das raffiniert-tödliche Komplott zu entschlüsseln. Ein Komplott, das sich dem Zuseher neben zahlreichen überaus vergnüglichen und dem englischen Humor gedankten Passagen auch als moralische Betrachtung darbietet über das Böse, welches Böses nach sich zieht und Schönes zerstört. Denn Agatha Christie ist auch überzeugte Katholikin; was man hier durchaus merkt und was gewiß zur hohen Qualität des Films beiträgt, dessen literarische Vorlage vom Engländer John Guillermin 1978 in congenialer Regie umgesetzt wurde.
Die Tage sind kurz geworden und die Zeit der geheizten Kachelöfen und der befeuerten offenen Kamine ist gekommen. Beim Schein der Leselampe abends im Fauteuil könnte man zum Entschluß gelangen, sich wieder einmal in die Morde der unvergleichlichen Lady Agatha Christie (1890–1976) zu vertiefen, daher also zu den Romanen der weltweit bisher erfolgreichsten Kriminalschriftstellerin greifen (Engländerin natürlich) — oder aber auch zu einer der zahlreichen Verfilmungen ihrer Werke. Und da gibt es gleich mehrere Streifen, die hier zu den Klassikern der Filmgeschichte zu zählen sind. Wir wollen uns jenen widmen, in welchen die nicht nur als Schauspielerin großartige Lady Margaret Rutherford (1892–1972) als altjüngferliche Miß Jane Marple in Erscheinung tritt. Jene skurrile und ebenfalls sehr britische Miß Marple, die als eine der bekanntesten Detektivgestalten der Literatur nicht nur ihrerseits passioniert Kriminalromane liest, sondern auch die dort gewonnenen Erkenntnisse meisterlich in die Praxis umzusetzen versteht. Zunächst haben wir da „16 Uhr 50 ab Paddington“ (im englischen Original „Murder, She said“) aus dem Jahr 1961. Von Paddington aus, einem der alten Bahnhöfe Londons, fährt Miß Marple heimwärts, in ihr behagliches Cottage im ländlichen Saint Mary Mead; in einem für wenige Momente parallel fahrenden Zug sieht sie zufällig Schockierendes, zwei Herrenhandschuhe, um den Hals einer Frau gelegt, die soeben erwürgt wird. Leiche wird freilich zunächst keine gefunden … der filmische Beginn von Miß Marples kriminalistischer Karriere. Die betagte, gleichwohl energische Dame plaziert sich bald darauf als Haushälterin in der an der Bahnstrecke liegenden Villa der Familie Ackenthorpe, stellt dort ihre Koch- und Golfkünste unter Beweis — und wird prompt Zeugin des nächsten Mordes. 1963 folgte dann „Der Wachsblumenstrauß“ („Murder at the Gallop“), in der das reichlich unattraktive Bild eines Blumenstraußes, moderne Malerei offenbar, anscheinend der geheime Grund für das Ableben des greisen vermögenden Herrn Enderby ist. Nicht der einzige Todesfall. Schauplatz des Bösen wird das vornehme Gallopp-Hotel, einem der Erben gehörend (vom kongenialen Robert Morley gespielt) und alsbald von Miß Marple besucht, die dort in Reminiszenz ans Turnierreiten ihrer Jugend (Silver-Brockbrook 1911) einen Reiturlaub verbringt. Hier kommt es dann zum gefährlichen Endspiel.
In „Mörder Ahoi“, 1964 („Murder Ahoy“), sieht sich Miß Marple, frisch ernanntes Kuratoriumsmitglied einer wohltätigen Stiftung, nach dem überaus plötzlichen Versterben eines Kuratoriumskollegen genötigt, eine Inspektion der als Erziehungsanstalt für mißratene Jugendliche dienenden ausrangierten Fregatte „HMS Battledoor“ durchzuführen. Mitreißender Höhepunkt ist zweifellos ein nächtliches Säbelduell, das die noch recht rüstige Miß Marple zu bestreiten hat. Schließlich, ebenfalls 1964, „Vier Frauen und ein Mord“ („Murder most foul“); Miß Marple irritiert als Geschworene das hohe Gericht sowohl durch Stricken als auch durch ihre Weigerung, den Angeklagten schuldig zu sprechen; auf der Suche nach den wahren Hintergründen der Ermordung der neugierigen Mrs. McGinty schließt sie sich einer Schauspieltruppe an und erweist sich nach Golf, Reiten und Fechten zuletzt auch im Schießen durchaus geübt. Alle vier Folgen, von Regisseur George Pollock in schwarz-weiß gedreht, sind feine Kunstwerke englischen Humors und englischen Stils, eingerahmt von einer genialen Filmmusik. Auf DVD in Sammeledition erhältlich.
„The Queen“ ist ein in mehrfacher Hinsicht bemerkenswertes Portrait der gegenwärtigen Königin von England. So war etwa zur Zeit der Premiere dieses Films, in Venedig im Oktober 2006, der neben Elisabeth II. wesentlichste politische Protagonist, nämlich Premierminister Tony Blair, noch im Amt. Eine der naheliegenden Konsequenzen daraus ist, daß das Drehbuch (vom in Wien lebenden Briten Peter Morgan) wahrscheinlich gut recherchiert wurde. Der Film behandelt die Wochen des Jahres 1997 rund um den Tod der ehemaligen Prinzessin von Wales, ein für die englische Monarchie krisenhaftes Geschehen, verknüpft mit einer Kontroverse zwischen der Königin und ihrem ersten Minister über die richtige Art des öffentlichen Reagierens auf den tragischen Unfall. Neben dem quasi dokumentarischen Aspekt ist der Streifen zugleich eine ausgesprochen gelungene Komödie auf ungewöhnlich hohem Niveau. Naheliegende weltanschauliche Divergenz, so zwischen dem Hof einerseits und den frisch an die Macht gelangten Labour-Proleten des Stabes um Blair andererseits, wird gekonnt filmisch genutzt, ohne an Stil zu verlieren. Wundervoll die Szenen, als der erstmals gewählte Tony Blair die traditionellen Förmlichkeiten des Antrittsbesuches bei der Königin einübt. In England vollzieht der Premier noch den Kniefall vor der Majestät; sehr amüsant, als der Sozialist Blair danach „seine Regierung“ präsentieren möchte und von der Queen dahingehend ausgebessert wird, daß es sich um „ihre Regierung“ handelt. Der privatim gestaltete Blick auf die Herrscherin, im Bett die Zeitungen studierend, in denen sie ob ihrer „Gefühlskälte“ angegrobt wird, wurde in den Medien prompt als „zynische Entlarvung“ einer „altmodischen und unpassenden“ Institution angepriesen. Wenn man den Film gesehen hat, weiß man, daß das ein interessantes Mißverständnis ist. Der Streifen ist, alles in allem, eindeutig pro Monarchie, was umso erstaunlicher anmutet, als der Regisseur Stephan Frears, der anscheinend übrigens von der Königin empfangen wurde, wohl der Linken zuzuzählen sein dürfte. Eventuell hat er anderes gewollt, aber manchmal entgleitet einem Künstler sein Werk und verselbständigt sich gewissermaßen; vielleicht war das hier auch der Fall. Wozu die Engländerin Helen Mirren beigetragen haben könnte, die in ganz großartiger Weise eine Elisabeth II. zur Darstellung bringt, die selbst in Phasen der Hilflosigkeit und Demütigung ihre Würde bewahrt. Wer, Schwachstelle des Filmes, weit unter seinem Wert geschlagen wird, ist Prinz Charles. Davon abgesehen aber ist „The Queen“ ein kleines Meisterwerk aus Zeitgeschichte, Fiktion, schwarzem Humor und einer Prise angelsächsischem Patriotismus.
Interessanterweise ist es eine ostdeutsche Produktion (Drehbuch und Regie von Horst Bonnet, 1974), die zu den gelungensten Inszenierungen von Offenbachs Meisteroperette „Orpheus in der Unterwelt“ gezählt werden darf. Jacob/Jacques Offenbach (Köln, 1818–1880, Paris) ist eine der liebenswerten Gestalten in der Musikgeschichte. Deutsch-jüdischem Elternhaus entstammend (der Ahnen Herkunftsort ist Offenbach am Main), zum Katholizismus konvertiert, wirkte der großartige Komponist vorzugsweise in Frankreich und hat dort mit seinem „Orpheus“ aus einem der klassischen Stoffe der Literatur und Musik jenes wunderbar-heitere Bühnenstück verfertigt, mit dem 1858 quasi die Geburt der Operette (Opéra bouffe) stattfindet. Hector Crémieux und Ludovic Halévy sind zusammen mit Offenbach die Schöpfer des Librettos dieses weltberühmten Werkes. Es ist eine äußerst originelle Parodie der antiken Tragödie und zugleich eine liebenswürdige Karikatur der Ära des Zweiten Französischen Kaiserreiches, was von der Filmregie gekonnt fortgeführt wird. Orpheus, leichtlebiger Musikprofessor im Theben des 19. Jahrhunderts, liegt im Streit mit seiner ebenso disponierten Frau Eurydice, die seine Musik verabscheut; man beabsichtigt, sich zu trennen. Pluto, in der Gestalt eines 1960er-Jahre Hippies den Schäfer Aristeus gebend, hat sie bereits zu seiner Geliebten gemacht. „Ich folge Dir, und sei es in den Tod“, meint Eurydice, ihre Koffer gepackt habend, und Pluto weist zur Litfaßsäule, an welcher die holde Schöne bereits vom Giftbiß der Schlange erwartet wird. Die Öffentliche Meinung, bei Offenbach je nachdem männlich oder auch weiblich, im Film durch die Gestalt des Komponisten selbst verkörpert, schwebt im Ballon aus den Wolken herab und erpreßt den überglücklichen Orpheus unter Androhung schauderbarer Konsequenzen, so dieser sich nicht fügt, mit zum Olymp aufzusteigen. Dort zur Klage vor Götterkönig Jupiter gewungen (dabei musikalisch Gluck zitierend), hat er das ungeliebte Weib aus der Unterwelt zurückzufordern. Jupiter, dem Offenbach auch Züge Napoleons III. verlieh, bereitet wachsende Opposition Verdruß. Die Götter, himmlischer Disziplin überdrüssig und, naheliegend, von Pluto inspiriert, veranstalten stilecht zu Marseillaise und Trikolore eine Revolte. Seit langem schon liest man über „scharfe Gesellschaftskritik“ und „Satire“ in den offenbachschen Stücken; das dürften bezeichnende Fehlinterpretationen der Gegenwart sein; vielmehr ist von Sympathie für die Menschen geprägte sanfte Ironie die Grundstimmung jedenfalls im „Orpheus“. Napoleon III. selbst war durchaus vom Stück begeistert, das übrigens auch in Wien ein grandioser Erfolg wurde. Und die Ironisierung des monarchischen Olymp korrespondiert mit jener der revolution, was der Film durchaus wiedergibt. (Überdies für den Kenner: Jupiters Wappen sind die Königlichen Lilien. 1848 verläßt Offenbach, offenkundig wenig begeistert, mit Familie das revolutionäre Paris, begibt sich ins väterliche Köln zurück und feiert hier Erfolge). Wobei das Ancien Regime schließlich die Oberhand behält (in gewisser Weise damals auch in Frankreich, vor allem aber hier in der Operette), als nämlich Orpheus und die Öffentliche Meinung eintreffen und Jupiter die nähere Untersuchung des Falls in die Unterwelt und den Aufruhr damit ad acta legt. Dort schmachtet Eurydice in vollendeter Langeweile, in goldenem Käfig weggesperrt, ein Exponat unter vielen einer großen Sammlung — denn des Teufels Versprechungen sind bekanntlich nichts wert. Schließlich finden alle Mißstimmungen in Menuett und rauschendem Can-Can (dieser, neben der Barcarole, wohl die bekannteste Melodie Offenbachs) ihre Auflösung. Die DVD dieser ausgesprochen gelungenen Verfilmung (das Dekolleté der Diana freilich ist etwas kühn) wurde von „Icestorm Entertainment“ herausgebracht, Bestellnummer 19509.
„Apocalypto“ wurde 2006 in Amerika gedreht und zur Jahreswende bei uns gezeigt. Selbstverständlich wurde auch dieser Streifen aus Produktion und Regie des traditionsorientierten Katholiken Mel Gibson hierzulande überwiegend durch extrem gehässige bis extrem dümmliche Kritiken ausgezeichnet und mißverstanden. Jene niedrige Art der Kritik, die wir schon von den Kommentaren zur „Passion“ her kennen und die weder der außerordentlichen Qualität und Authentizität des Dargebotenen noch der zugrundeliegenden Absicht und Botschaft auch nur irgendwie gerecht wird. Aber Fairness und überlegene Einsicht waren ja noch nie Kennzeichen der Linken. Desto entschiedener empfehlen wir diesen Film, der, wie die epochale Nachempfindung vom Leiden und Sterben Jesu Christi, keine angenehme Unterhaltung, aber ein erhabenes und ganz großes Kunstwerk ist. Ein Film, wie zu lesen war, von „kompromißloser Wildheit, brutaler Rohheit, purer Körperlichkeit“ — und archaischer Schönheit, wie man ergänzen müßte — so und so der Thematik angemessen. Am Beispiel einer mit den Kennzeichen der Mayas und Azteken ausgestatteten alten indianischen Zivilisation wird profunde und überaus aktuelle Gesellschaftskritik geübt: Man „war mit denselben Problemen wie unsere Gegenwart konfrontiert“, mit Umweltzerstörung und Maßlosigkeit, Ausbeutung und Korruption, Tyrannei und Bestialität und „Blindheit des Herzens“, wie Gibson selbst es sehr zutreffend anmerkt. In vielem bewundernswert, waren die meisten der frühen amerikanischen Hochkulturen durch ungeheuerliche Grausamkeit und massenhafte Menschenopfer besudelt und entwertet. Für die Bereitstellung der enormen Opferzahlen wurden eigens Feldzüge geführt, die dabei gemachten Gefangenen dann an den Stätten perversen Götzenkultes lebendigen Leibes geschlachtet. Und eben dies ist die Handlung des Filmes, in faszinierendem Detail und historisch brillant recherchiert zur Darstellung gebracht, die Konfrontation der im Dschungel Mittelamerikas beheimateten Gemeinschaften von Jägern und Sammlern mit plötzlich einfallendem, ebenso überlegenem wie gnadenlosem Kriegervolk. Jaguar-Pfote, junger Vater, zählt zu den Besiegten und Verschleppten; ein langer und bitterer Weg führt aus den heimatlichen Wäldern über geplündertes Land und vorbei an unterjochten und verarmten Menschen nach jenem abscheulichen Platz inmitten der antiken Metropole, wo der Boden mit Blut getränkt wird und die Schädel auf die Gerüste gespießt sind. Ein kleines Mädchen, vom Aussatz rätselhafter Krankheit befallen, sucht Hilfe bei der vorüberziehenden Soldateska und wird brutal zurückgestoßen. Da prophezeit aus dem Mund des Kindes die Göttliche Gerechtigkeit sowohl Naturschauspiel als auch Vergeltung und das menschlich Unvorhersehbare. Auf hoher Tempelplattform schneidet der Kultdiener satanischer Riten die Herzen aus dem Leib. Eine nahezu aussichtslose Flucht gelingt, deren Bilder wohl zu den spannendsten Sequenzen der Filmgeschichte zählen; an ihrem Schlußpunkt prophezeites und verblüffendes Ende, das zugleich Erlösung und ganz neuen Anfang bedeutet.
Ein für unsere Tage ganz ungewöhnlicher Streifen läuft da diesen Herbst in unseren hiesigen Filmspieltheatern. „Karo und der Liebe Gott“. Eine Österreichische Produktion, die in zeitgeistigem Gewande (und mit wienerisch-böhmischem Humor) ganz erstaunlich unzeitgeistig ist und die man angesichts zahlreicher, vor Bösartigkeit triefender Machwerke dieses Genres als im eigentlichen Sinn des Wortes wirklich human nur anempfehlen kann. Ein kleines Mädchen sieht sich eines Tages einem heute gängigen Schicksalsschlag ausgesetzt, der Trennung seiner Eltern, da der prominente Vater, etwa so um die Zeit der Erstkommunion seiner Tochter, ein Verhältnis mit einer jüngeren ORF-Kollegin begonnen hat. Die Mutter tauscht daraufhin, unter Zurücklassung des Vaters, aber Mitnahme der Tochter, das modische Einfamilienheim gegen eine Wohnung in einem der traditionellen Wiener Zinshäuser. Ein Stockwerk tiefer haust da ein alter Mann, scheinbar ein heruntergekommener Trunkenbold mit tiefem Wiener Proletenspruch. Tatsächlich aber ist dieser, wie Karo erkennt, der Liebe Gott. Und diesen gewinnt sie zum Verbündeten beim Kampf um die Liebe ihrer Eltern und ihr kindliches Lebensglück. Die Kinder nicht im Stich zu lassen — eine sehr aktuelle Botschaft an die „urbane“ Gesellschaft.
Schon die zeitgerecht vor die heimische Premiere zu Maria Empfängnis placierten gehässigen Kritiken waren überaus vielversprechend; „Narnia“, die Verfilmung des bekanntesten der genialen Kinderbücher des C. S. Lewis, wird in den hiesigen Linksmedien nicht gemocht. Was uns wohl nicht überrascht. Auch der „Herr der Ringe“ nach dem gewaltigen Romangleichnis des J. R. R. Tolkien und die „Passion“, die Verfilmung von Leiden und Sterben Christi durch den Amerikaner Mel Gibson hatten, ungeachtet ihrer außergewöhnlichen Qualitäten (die „Passion“ muß überhaupt als eines der bedeutendsten Werke der Filmgeschichte betrachtet werden) und ungeachtet ihres denkbar großen Erfolges die denkbar schlechtesten Beurteilungen durch die „intellektuelle öffentliche Meinung“. Und der Grund dafür dürfte klar sein: alle drei Filme sind Ausdruck eines Bekenntnisses zu Christlichem Fundament — erklärtermaßen in der „Passion“, indirekt, aber offenkundig in den beiden anderen Streifen.
Die „Chroniken von Narnia“, wie die auf sieben Bände aufgeteilten Geschichten benannt sind, deren bekannteste („Der König von Narnia“) als literarische Grundlage des vorliegenden Films herangezogen wurde, entstanden in den 50er Jahren. Ihr Schöpfer, Clive-Staples Lewis (1898–1963), ist einer der faszinierendsten englischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Die Verfilmung ist überaus werkgetreu, was bei dem hohen Niveau der Vorlage auch wesentlich zum hohen Niveau des Streifens beiträgt. Hollywood wird heute massiv links dominiert; dennoch, und das spricht für die Nachhaltigkeit der konservativen Gegenwehr in den USA, kommen mitunter und in den letzten Jahren immer öfter auch von dort wieder inhaltlich wie qualitativ überzeugende Filme. Ermutigend und unterstützenswert. Regie Andrew Adamson, Drehbuch Ann Peacock, Co-Produktion Douglas Gresham, der Stiefsohn von Lewis.
Die ersten Bilder zeigen uns, durchaus einprägsam, das Bombardement einer Großstadt im zweiten Weltkrieg (hier ist es London) und die Trennung der Kinder von der Mutter, während der Vater an der Front kämpft (alles im Europa vor sechs Jahrzehnten noch düstere Realität). Die vier Geschwister haben Glück im Unglück; nach einer Fahrt durch das berauschend schöne ländliche England werden sie im uralten Herrenhaus eines kauzig-geheimnisvollen Professors untergebracht; einsam gelegen, ist es weit entfernt von der kleinen Bahnstation, noch weiter vom gefahrvoll gewordenen Alltag der Metropole. Beim Spielen entdeckt die Jüngste einen in einem abgelegenen Zimmer befindlichen riesigen, schwer beschnitzten Kleiderschrank, in welchem Mäntel hängen. Im Schrank, zwischen jenen Mänteln sich versteckend, gerät sie aus dem sommerlichen England ins winterliche Narnia. Ein Zauberland; seit hundert Jahren in Eis und Schnee. Im verschneiten Rätselwald steht eine brennende Laterne; von hier nehmen für die vier Geschwister phantastische Abenteuer den Ausgang. (Lewis hat mit dem Kleiderschrank und der Gaslaterne inzwischen klassisch gewordene Motive der Kinderliteratur geschaffen). Das Betreten von Narnia führt die Kinder zugleich in Idylle und Gefahr, zu Bewährung und Versuchung, zu Höhen und Tiefen. Das Zauberreich hat auf jene vier Menschenkinder gewartet, um Erlösung zu finden; der Göttliche Heilsplan, auch hier gültig, verlangt aber die freie Zustimmung des Einzelnen, um sich zu verwirklichen. Verrat (Sünde), mögliche Konsequenz menschlicher Freiheit, kann nur durch das Opfer getilgt werden; hier ist es das Opfer des Königs von Narnia selbst. Opfer aber bleiben letztlich nie vergeblich. Der Film, liebevoll gemacht und künstlerisch überaus ansprechend, ist eine wunderbare Einstimmung auf Weihnachten; wir empfehlen ihn als ausgesprochen wertvoll und für Kinder besonders geeignet.
Mel Gibson, Amerikaner, weithin bekannter Filmschauspieler und Hollywood-Millionär, ist tatsächlich und zwar nicht aus den vorgenannten Gründen eine ungewöhnliche, ja offenbar außerordentliche Persönlichkeit. Zunächst ist Gibson, wie man hört, gläubiger Katholik — für die heutigen Verhältnisse im Filmgewerbe schon nicht so alltäglich. Darüber hinaus aber ist Gibson ein Katholik der traditionsorientierten Sorte, also offenbar überzeugt davon, daß der Weg der Moderne für Menschheit und Kirche in problematische Abgründigkeiten führt — diese Haltung muß nicht nur als höchst eigenwillig und skandalträchtig bezeichnet werden, sondern stellt im Zusammenhang gegenwärtiger Verhältnisse gewissermaßen schon ein Hauptvergehen gegen die in der westlichen Welt allgemein zwangsverordnete Progressivgesinnung dar. Drittens ist darauf hinzuweisen, daß dieser Mann nun die ganz unglaubliche Tat beging, ein Thema größter Brisanz ohne Billigung durch die liberale Zensur in einem vom eigenen Geld und ganz nach eigener Regie produzierten Film zu fassen — ein Umstand, der Gibson und seinem Werk eine gigantische und bis jetzt laufende, die Erdteile beiderseits des Atlantiks umfassende Hetzkampagne eintrug. Der Streifen ist nun auch in Österreich in den Kinos, Aufführungsbeginn war der 18. März 2004. Der Film, unter seinem englischen Originaltitel beworben, ist als eines der ganz großen Meisterwerke der Filmgeschichte anzusprechen und befaßt sich mit dem Leidensweg des Heilands vom nächtlichen Gebet und der Todesangst im Garten Gethsemane bis hin zum Kreuzestod. „The Passion of Christ“ (auch „The Passion of the Christ“) — „Die Passion Christi“ ist so außerordentlich und tiefgründig, wie man es von einem Vorhaben dieser Art erhoffen würde; Filmkunst höchsten Niveaus und so unwahrscheinlich, wie der Bekennermut des Regisseur-Produzenten selbst, der für die Verwirklichung des Streifens den Rufmord wie den finanziellen Ruin riskierte.
Der eigentliche Grund für den enormen Haß, den Gibson mit der „Passion“ hervorruft, liegt im Haß einer von Liberalismus, Sozialismus und Atheismus geprägten westlichen Welt gegen das Christentum. Denn der Film trägt die Botschaft von Leiden und Auferstehung des Herrn in einer Zeit erneut und höchst wirkungsvoll unter die Menschen, da das klassische abendländische Bildungsgut, das auch Verständnis und Kenntnis der Formen- und Bildersprache der Christlichen Überlieferung ermöglicht, zunehmend nicht mehr vermittelt wird. Das Desaster des „Religions“-Unterrichtes an unseren Schulen steht hier nur stellvertretend für den allerorten feststellbaren katastrophalen Verfall der Bildung. Und dem wirkt Gibson erfolgreich entgegen; mit einem der Hauptinstrumentarien moderner Propaganda, das zu bedienen die Linke streng für sich reservieren möchte. Daher wurden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, einen landesweiten Kino-Boykott in den USA durchzusetzen und die Aufführung des Films zu verhindern; den Filmtitel zu verhindern; das Publikum vom Besuch abzuschrecken; Gibson und seine Schauspieler persönlich zu beleidigen, medial hinzurichten, als Filmgrößen zu vernichten. Vor Ablehnung triefende Kritiken werden seit rund einem Jahr quer durch Amerika und Europa veröffentlicht, so in den linksstehenden US-Blättern „New York-Times“ und „Boston Globe“, so in hiesigen Medien von der immer weiter nach links rückenden „Presse“ („Diffamierung“) über, wie könnte es anders sein, den „Standard“ („Der perforierte Jesus“, „Gewaltpornographie“, „satanistisch und sadomasochistisch“) bis hin zur „Ganzen Woche“ („brutal, satanisch“), „Kleinen Zeitung“ und ORF. Beständig werden die gleichen falschen Behauptungen kolportiert: der Film sei „antisemitisch“, der Film sei von „obszöner Brutalität“, der Film sei unhistorisch und abwegig und verfälsche die Evangelien, der Film sei schlecht. Ganz im Gegenteil freilich: der Film ist nicht antisemitisch, der Film ist von beeindruckender Frömmigkeit, der Film ist das historische Geschehen so wirklichkeitsgetreu interpretierend, wie das derzeit wahrscheinlich überhaupt nur möglich ist, der Film reiht sich würdig an die bedeutendsten Werke religiöser Kunst des Christentums. Der Film — erhaben wie eine lateinische Messe — zeigt, „wie es war“, wird Papst Johannes-Paul II. zitiert. Und, man hätte es kaum zu hoffen gewagt, Mel Gibson scheint sich durchgesetzt zu haben: „The Passion“ darf bereits knapp nach dem Anlaufen als überwältigender cineastischer Erfolg gewertet werden; die Hetze dagegen ist in ihren Hauptzielen gescheitert.
Die Anwürfe gegen den Film legen weltanschaulich-gesellschaftspolitische Hauptfronten unserer Gegenwart bloß. Hinter dem Antisemitismus-Vorwurf steht auch die Ablehnung der Person Christi selbst, wie etwa gehässigen Ausführungen hiesiger Gazetten entnehmbar ist, welche den Christusmord als „Polizeimaßnahme gegen einen geständigen Hochverräter“ und als welthistorische „Bagatelle“ bezeichnen. Zugleich möchte man das Christliche Glaubensbekenntnis und am besten auch gleich die Evangelien umschreiben, wie es ja zahlreiche Polemiken der letzten Jahre immer wieder als infame Forderung erhoben haben; die Bibel selbst sei „antisemitisch“, wird mit größter Niedertracht kolportiert; ein hiesiger protestantischer Funktionär faselt etwas von „historisch falschen“ Evangelien. Seriöse Kreise des Judentums freilich scheinen das nicht so zu sehen und verwahren sich gegen durchsichtige ideologisch motivierte Vereinnahmungen durch Lobbies, die sich öffentlichkeitswirksam als authentische Interpreten des Judentums aufspielen. Gewiß: im Zusammenhang mit dem Leid und dem Tod unseres Herrn Jesus Christus kommen zahlreiche und im Film auch dargestellte Juden nicht wirklich gut weg. Historische Realität. Das Wort Gottes selbst bezeugt es uns. Doch wissen wir zu unterscheiden. Gerechterweise kann man zum Beispiel nicht die Greuel der französischen revolution den Franzosen, die Bestialitäten des Bolschewismus den Russen, die Konzentrationslager den Deutschen und den Christusmord den Juden zurechnen. Der Film zeigt das übrigens ebenso deutlich, wie es die Evangelien zeigen: Den Schuldigen am Tod Christi stehen die Gerechten gegenüber, wie es das auch von Gibson zitierte Beispiel des jüdischen Ratsherren Joseph von Arimathäa belegt. Die Wirklichkeit wie der Film sind komplizierter, als es uns die gegenwärtigen Schmutzkampagnen wahrnehmen lassen wollen. (Verallgemeinernd freilich könnte man sagen, daß es seit Kain und Abel die gesamte Menschheit ist, die sich immer wieder mit Mord besudelt, kein Volk ausgenommen).
Interessant ist auch der Vorwurf der „Brutalität“. Der gleiche Zeitgeist, der gar nichts dagegen einzuwenden hat, daß konservierte menschliche Leichname als „Kunstwerke“ ausgestellt werden oder daß Sadistisches und Pornographisches jederzeit auch Volksschülern präsentiert wird, um nur Gängiges aus jüngster Zeit und hierzulande zu nennen, der gleiche Zeitgeist, der mit einem jederzeit flott über die Lippen kommenden „die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ die unglaublichsten Dinge öffentlich zumutet, der gleiche Zeitgeist übt sich nun in verlogener Betroffenheit angesichts angeblicher Extrembrutalitäten. Die Optik ist falsch. Der Film ist nicht brutal, der Film vermittelt das Leid (genauer eigentlich etwas vom Leid), welches der Heiland der Sünden der Menschen wegen auf sich genommen hat. Mel Gibson tritt in diesem Zusammenhang in seinem Film auch selbst in Erscheinung, als einer derjenigen, welche die Hand erheben, um Christus ans Kreuz zu schlagen — denn in gewissem Sinne, worauf uns Gibson solcherart hinweist, sind es ja unsere eigenen Sünden, die Christus kreuzigen.
Daß Mel Gibson den Sequenzen aus den aufeinander abgestimmten vier Evangelien da und dort Passagen beigefügt hat, die aus den Visionen über das Leben Christi der wahrscheinlich bald vor der Seligsprechung stehenden deutschen Mystikerin Anna-Katharina Emmerich stammen, verfälscht gar nichts, sondern ergänzt, wo eine Ergänzung der Evangelien vom Regisseur als legitim und filmisch sinnvoll erachtet worden ist. Als einen kühneren Kunstgriff mag man das Erscheinen Satans werten; doch die Evangelien überliefern uns ja seine Zwiesprache mit Christus (Mt 4,1-11); und Christus selbst erwähnt Versuchung und Anfechtung, als er im Garten Gethsemane zu den Jüngern spricht. Die Verwendung der Originalsprachen Aramäisch und Latein bringt kaum Verständnisschwierigkeiten; da und dort zugestandene Untertitel helfen, so man die Handlung nicht ohnehin erkennt oder in den Details dann in der Bibel nachliest. Die Bilder des Filmes sind so dicht, beeindruckend und selbstverständlich, daß man der Sprache eigentlich kaum bedarf.
Dieser Film ist gewiß kein Vergnügen und darf dies auch nicht sein; dieser Film ist allerdings ein „Triumph der Kunst und des Glaubens“ (Kardinal Hoyos); eine Vertiefung eigener Frömmigkeit und Religiosität. Er schärft unseren Sinn für das Mystische, für den tieferen Sinn des Leides, für Opfer und Hingabe, was gerade in Zeiten eines überbordenden und penetranten Materialismus ein sehr notwendiges Gegengewicht darstellt. Er erschließt auf einer neuen Ebene die Botschaft (die letztlich über die Passion hinausweisende frohe Botschaft) der Evangelien — in einer Zeit, in welcher wahrscheinlich die Mehrzahl der Menschen dieses Landes die Messe nicht mehr besucht noch die Bibel zur Hand nimmt. Und er bringt uns, gerade durch die Drastik der Sicht auf die historisch belegte Qual des Kreuzestodes, dem Guten näher, dem wir nachfolgen sollen als dem eigentlichen Ziel unseres Lebens.
Wir empfehlen den Besuch dieses Filmes entschieden; gerade für die Fasten- oder Osterzeit und am besten in der Karwoche.
Er zählt zu den gescheitesten und schönsten Werken des Genres Kriegsfilm und läuft in ganz ausgezeichneter deutscher Übersetzung in diesem Winter in unseren Lichtspieltheatern: „Master and Commander — The far side of the world“ zeigt uns im Jahr 1805 inmitten der Revolutionskriege das Duell eines britischen und eines französischen Kriegsschiffes in den Weiten des Südatlantiks und Pazifiks. Basierend auf den Marine-Erzählungen Patrick O’Brians, herrlich und detailgenau ins Bild gesetzt vom historisch offensichtlich exzellent beratenen Regisseur Peter Weir, entfaltet der Film Spannung, Tragik, Heiterkeit und wundervolle Bilder in vielfältigen Wendungen und ist bis zuletzt voll von Überraschungen. Wir bemerken den als Römischen General bereits international bekannt gewordenen Russell Crowe als wirklichen Charakterschauspieler; er bringt hier den britischen Fregattenkapitän Jack Aubrey (der schon unter Admiral Nelson in der Schlacht von Abukir gedient hat) als die zentrale Rolle des Streifens brillant zur Darstellung. „Wollt ihr eine Guillotine auf Piccadilly?“, „Wollt ihr, daß dieser Lump von Napoleon euer König wird?“, „Wollt ihr, daß eure Kinder die Marseillaise singen müssen?“ sind die schlichten und doch zu Herzen gehenden Worte (welche uns auch auf eine souveräne Verachtung des „politisch Korrekten“ zu deuten scheinen), mit welchen er die englischen Geschützmannschaften anfeuert, schneller zu laden. Auf langem Wege und um Kap Hoorn herum führt uns das Finale schließlich zu den Galapagos-Inseln, von den Spaniern „Die Verzauberten“ genannt. Daselbst erfährt man Bedenkenswertes über die Evolution („ … aber alle sind sie Gottes Geschöpfe“), erneuert seine Kenntnisse der Naturkunde, lernt den Begriff „nautische Phasmide“ kennen, betet schließlich ein Vaterunser und genießt die pointenreichen Schlußsequenzen eines wahrlich lohnenden filmischen Abenteuers, das würdige musikalische Untermalung durch Bach, Mozart und Boccherini findet.
Wir empfehlen den in diesem Sommer in unseren Lichtspieltheatern laufenden, anscheinend auch unter maßgeblicher Mitwirkung chinesischer Seite entstandenen Streifen „Hero“, was zu Deutsch mit „Held“ zu übersetzen ist. Wundervolle Landschaftsaufnahmen sind der Hintergrund einer auch sonst ästhetisch überaus gelungen komponierten und in östlicher Epik zur Darstellung gelangenden Geschichte aus der chinesischen Vergangenheit. Vier Attentäter (oder Freiheitskämpfer, je nach Sichtweise) sind durch ein Komplott miteinander verbunden. Wir versetzen uns in die Zeit knapp vor das Jahr 221 vor Christus; das Reich der Mitte steht im Begriff, zu werden; die Periode der „kämpfenden Staaten“ (Chan-kao) neigt sich ihrem Ende zu. Der Fürst von Ch´in entfaltet überlegene Kriegskunst und greift nach der Alleinherrschaft. Sorgfältig geplante und ihm gewidmete Mordanschläge, gestützt auf ganz außerordentliche Kampftechniken, scheitern; dem letzten dieser Anschläge, dem Meisterplan, liefert sich der Herrscher allerdings selbst aus. In Zusammenhang damit ist ein Held mit einem Rätsel konfrontiert. Des Rätsels Lösung liegt in einem Schriftzeichen: „Alle unter dem Himmel“. Und dies darf man auch als die eigentliche Botschaft des Filmes ansehen.
Sie stammen beide aus der berüchtigten „Monty Python“-Bande, die für ihre Streifen fragwürdigen Humors und anrüchiger Weltanschauung bekannt wurde, Terry Gilliam als Regisseur und Charles Mc Keown als Co-Autor des Drehbuches und Darsteller in markanter Nebenrolle. Hier ist ihnen allerdings ein wirkliches Meisterstück gelungen, eine cineastische Kostbarkeit, ein berauschendes und farbenprächtiges Kunstwerk, überaus aufwendig und teuer gedreht, 1988 in die Kinos und vor das Publikum gekommen: „Die Abenteuer des Baron Münchhausen“. Selbstverständlich ist hier die berühmte Verfilmung des Stoffes mit Hans Albers von 1943 standardsetzend. Diese Neufassung, der britische Shakespeare-Darsteller John Neville als ideale und brillante Besetzung in der Hauptrolle, kann aber als völlig gleichrangig gewertet werden, wenn man ihr nicht sogar, bei all den Qualitäten des Vorbildes (auf welches auch durchaus pietätvoll-ironisierend Bezug genommen wird), den Vorzug geben möchte. Mehrere einerseits wirklich erstaunliche, andererseits überaus bezeichnende Umstände begleiteten die Geschichte dieses Filmes: Er wurde, trotz sagenhafter Überschreitungen seines Budgets und der daraus resultierenden Schwierigkeiten, auf hohem Niveau fertiggestellt; er ist eine völlig unverhüllte Sympathieerklärung an das Ancien-Régime, als dessen tragende Verkörperung natürlich der Baron Münchhausen agiert; und er hatte, wohl gerade deshalb und gänzlich ungeachtet seines außerordentlichen Ranges als einer der künstlerisch bedeutendsten und zugleich liebenswürdigsten Filme der 1980er Jahre, sagenhaft schlechte Kritiken. Das Zeitalter der „Aufklärung“: Kanonen beschießen eine sich verzweifelt verteidigende Stadt, voll mit Frauen und Kindern. Diese regiert der „Bürgermeister“, offenkundige Verkörperung eines engagierten Progressisten und Revolutionärs. Auf der Bühne des ziemlich ruinösen Stadttheaters wird der arg in Mitleidenschaft gezogenen Bevölkerung seichte Unterhaltung geboten — man gibt die „Abenteuer des Baron Münchhausen“, während der Bürgermeister von seiner Loge aus (welch reizvolle Doppeldeutigkeit), die Notstands-Verwaltung administriert, eifrig hinrichten läßt und hochverräterisch die Übergabe der Stadt an den Feind plant. Das schlimme Ende (für die Bevölkerung natürlich nur, nicht für den Bürgermeister) ist absehbar. Gänzlich unvorhergesehen ist das rätselhafte Erscheinen des wahren Baron Münchhausen; als dieser die Bühne betritt und anfängt, seine Lebensgeschichte zu erzählen, wie sie wirklich war, ändert sich der Verlauf des Schicksals … . Der Film, 1988 in Österreich nur sehr kurz gezeigt und dann praktisch nicht mehr gesehen und nicht mehr auftreibbar, ist nun im DVD-Videoformat erhältlich, herausgebracht von „Columbia Pictures Industries“, bestellbar im einschlägigen Fachhandel unter dem Titel und der Nummer 11774. Wir empfehlen ihn sehr. Auch für Kinder ab circa 12 geeignet. Gerade für die Kindererziehung ist ein qualitätvoll sortiertes Heimkino der ideale Ersatz des gängigen Fernsehmülls. Überdies mag dieser Film auch Anregung sein, wieder einmal zur Lektüre der Abenteuer des Karl-Friedrich-Hieronymus Freiherrn von Münchhausen (1720–1797) zu greifen.
Man kann heutzutage in der Beurteilung von Filmen nicht deren Erfolg und auch nicht umgekehrt schlechte Kritiken zum Maßstab nehmen. Beides wurde diesem Streifen zuteil: ungerechte und inkompetente Urteile in den heimischen Medien sowie ein derart außerordentlicher Erfolg, daß jener erste Teil einer Trilogie, der seit Dezember in den heimischen Kinos zu sehen ist, bereits unter die finanziell bisher erfolgreichsten Werke in der Geschichte der Kinematographie zu rechnen ist. Wir sprechen von der Verfilmung von „Der Herr der Ringe“, die wir ausschließlich nach Maßgabe unserer eigenen Anschauung als packend, überaus ansprechend und wirklich exzellent bezeichnen wollen. (Auch im Wissen darum, daß Geschmacksfragen häufig und legitimer Weise verschieden gesehen werden). Unter der Voraussetzung, daß man das Märchenhafte schätzt und die romantische Helden- und Rittersage, wird man entschieden auf seine Kosten kommen. Der neuseeländische Regisseur Peter Jackson stützt seine Arbeit auf atemberaubende Landschaftsaufnahmen, beeindruckende Architektur, teils brillante, teils akzeptable Schauspieler und ein anspruchsvolles Niveau der technischen Effekte. Im vorliegenden Fall überaus wichtig und ausschlaggebend ist freilich die hohe Treue zur Vorlage ( — soweit man es bisher beurteilen kann; die restlichen zwei Teile des Gesamtwerkes werden erst im Jahresabstand zu sehen sein). Der Regisseur hat das gleichnamige außergewöhnliche Buch des kauzigen Oxforder Universitätsprofessors John-Ronald-Reuel Tolkien verfilmt; ein Buch, das ein ebenso wundervoller wie bizarrer, erschreckender, mitreißender und fesselnder Entwurf einer eigenartigen Märchenwelt ist, und das seit seiner Veröffentlichung in den 50er Jahren viele Millionen Leser zu Recht begeistert hat; der Autor war ein herausragender Philologe, Fachmann für altes Englisch, für diverse alte nordische und für keltische Sprachen, sowie übrigens auch überzeugter Katholik. Tolkiens genialer Kopf erdachte „Mittelerde“, Märchenabbild der Welt zu früherer Zeit, da einander noch Ritter und Drachen begegneten. Eine wundersame, hinreißend schöne und geheimnisvolle Welt, mit phantastischen Wäldern mit ungeheuren Bäumen, von schützendem Zauber umgeben; mit gewaltigen Gebirgen; einem riesigen Strom, dem Mississippi gleichend oder dem Amazonas; mit Wasserfällen, wie wir sie von Iguacu oder Niagara kennen, eingefaßt von gigantischen Königsstatuen, die an die Größe eines edlen Herrscherhauses erinnern. Zugleich aber lauern auch furchtbare Gefahren; hinterlistige Wesen in Dämmerlicht und Dunkelheit; tödliche Gespenster; Ungeheuer, die sich von Menschenfleisch nähren; und ein langsam anwachsendes Böses, das, einstmals gestürzt, nach langer Zeit wieder versucht, Gestalt zu gewinnen, und das Schatten aussendet, um einen vor Jahrtausenden aus Blut und Gold geschmiedeten Ring zu gewinnen, der in sich die Möglichkeit birgt, die Erde zu unterwerfen. In ergreifender Weise kämpft das Gute gegen feindliche Übermacht, Verrat in den eigenen Reihen, eigene Schwäche. Weisheit, Heldenmut und Opfergang werden ebenso zur Darstellung gebracht, wie als eine der Grundlagen gedeihlichen menschlichen Miteinanders verdeutlicht. Das Buch ist eine ebenso konsequente Verneinung des Materialismus, wie ein Bekenntnis zur Christlichen Ethik — und der Film, wie gesagt, folgt dem Buch und wird somit in Zeiten von schrankenlosem Egoismus, zynischer Menschenverachtung und kultureller Destruktion zur gesellschaftspolitischen Mahnung. Für Kinder noch nicht, für Jugendliche sehr zu empfehlen.